Alarmstufe Reh
In Waldgebieten und an Feldern besonders aufmerksam und angepasst fahren.
Die Unfallgefahr durch plötzlich auftauchende Rehe, Hirsche oder Wildschweine wird von vielen Autofahrern unterschätzt. Dabei sind Wildunfälle sehr häufig: Jährlich kommen bis zu 20 Verkehrsteilnehmer durch Wildunfälle zu Tode, zirka 2.500 werden verletzt. Die versicherten Sachschäden stiegen auf 680 Millionen Euro an. Den Kfz-Versicherern wurden 2016 rund 264.000 Wildunfälle gemeldet, wie aus der Wildunfall-Statistik des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervorgeht. Rechnerisch kommt es damit täglich zu mehr als 720 Kollisionen zwischen Pkw und Wildtieren. Hauptverursacher ist das Reh (86 Prozent), gefolgt vom Wildschwein (12 Prozent), so der Deutsche Jagdverband (DJV). Wildunfälle werden häufig mit der dunklen Jahreszeit in Verbindung gebracht. Am kritischsten ist der Herbst, so die irrige Annahme. Die Tiere sind auf Deckungssuche, weil die abgeernteten Felder keinen Schutz mehr bieten oder auf Futtersuche. Vor allem in den Abend- und frühen Morgenstunden ergibt sich eine erhebliche Gefahr. Aber bereits ab Sommer beginnt die Paarungszeit der Rehe. Zwischen Mitte Juli bis Mitte August ist die Brunftzeit; die Tiere sind dann besonders aktiv. In diesen Wochen muss auch tagsüber mit plötzlich auftauchenden Rehen gerechnet werden, nicht nur in Waldstücken. Autofahrer sollten entsprechend langsam fahren, um rechtzeitig bremsen zu können. Tim (20) kam im Juli um 23 Uhr vom Sporttraining und fuhr mit 70 km/h durch ein Waldstück, wo diese Geschwindigkeit erlaubt war. Dann ging alles ganz schnell und er hatte einen Unfall mit einem Reh. Das war ein sehr großer Schreck für ihn. Er und das Auto seines Vaters blieben unversehrt, aber das Reh musste sterben. Mit seinem Handy rief der junge Mann die Polizei zur Unfallstelle, die den Unfall aufnahm. ,,Wildtiere kennen keine Verkehrsregeln, sie müssen über Straßen wandern, etwa um zu fressen oder Partner zu finden“, sagt DJV-Präsidiumsmitglied Wolfgang Heins. Besonders unfallträchtig sind unübersichtliche Wald- und Feldränder in der Dämmerung. Wildwechsel findet vor allem dann statt, wenn die Tiere auf Nahrungs- oder Partnersuche sind. Aber auch Aufregung und Unruhe durch Waldspaziergänger mit Hunden können dazu führen, dass eine größere Anzahl von Wildtieren den Ort wechselt und bei der Suche nach Schutz eine Straße überquert. Dadurch werden Waldgebiete und auch Übergangsbereiche zwischen Waldrändern und Feldern zu gefährlichen Unfallstellen.
Hier warnt das Verkehrsschild Nummer 142, auf dem ein springender Rehbock abgebildet ist, vor erhöhtem Wildwechsel. Um Zusammenstöße zu vermeiden, sollten Kraftfahrer Wildwechsel-Warnschilder beachten und besonders entlang von Wald-FeldRändern sowie im Wald besonders aufmerksam und mit angepasster Geschwindigkeit zu fahren. ,,Je schneller man fährt, desto gefährlicher wird ein Wildunfall – auch für die Personen im Fahrzeug. Schon bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h wirkt ein Aufprall mit einem 60 Kilogramm (kg) schweren Wildschwein wie der Zusammenstoß mit einem 3,5 Tonnen schweren Nashorn“, erklärt Gundolf Bartmann, Forstdirektor im Forstamt Trier und Vizepräsident des Landesjagdverbandes Rheinland-Pfalz. Selbst ein 20 kg schweres Reh besitzt bei einer Kollision mit Tempo 60 ein Aufschlaggewicht von 800 kg.
Keine Ausweichmanöver riskieren.
Wer mit eingeschaltetem Fernlicht durch dunkle Waldgebiete fährt, kann Wildtiere am Straßenrand von Weitem durch ihre reflektierenden Augen erkennen. Deswegen sollte man umsichtig fahren und die Straßenränder im Blick behalten. Um entdeckte Tiere durch das Licht nicht zu blenden, sollte das Fernlicht abgeblendet werden. Zudem sollte die Geschwindigkeit so reduziert werden, dass jederzeit angehalten werden kann, fals das Wildtier doch auf die Straße wechselt. Durch das Betätigen der Hupe kann man die Tiere wieder zurück in den Wald scheuchen. ,,Beobachtet man aus weiter Entfernung einen Wildwechsel über die Straße, denken viele Autofahrer nicht daran, dass Nachzügler folgen können. Sie bremsen nicht weiter oder beschleunigen sogar wieder, was zu noch schwereren Unfällen führen kann“, warnt Bartmann. Für den Fall, dass ein Aufprall nicht mehr verhindert werden kann, rät er von riskanten Ausweichmanövern ab: ,,Durch die hektischen Lenkbewegungen kann man ins Schleudern geraten, sich überschlagen oder in den Gegenverkehr kommen, was einen weitaus größeren Schaden verursachen kann, als ein kontrollierter Aufprall mit dem Wildtier.“ Der beste Schutz gegen Wildunfälle sind angepasste Geschwindigkeit und vorausschauendes Fahren. Wer Tempo 60 statt 80 fährt, reduziert den Bremsweg um 20 Meter.